Kurzbericht zum 1. UDVeo-Workshop am 09. & 10.11.21 – was nehmen wir mit?

Kurzbericht zum 1.UDVeo-Workshop – was nehmen wir mit?

„Wir haben es mit einem völlig neuen Verfahren zu tun. Da ist noch vieles unklar.“ So, oder so ähnlich, hörten es die über 150 Teilnehmer:innen des 1. UDVeo-Workshops am 9. und 10. November 2021 immer wieder von fast allen Redner:innen. Nach 1 ½ Tagen spannender Vorträge und Diskussionen im digitalen Raum wurde klar: Es ist immer noch vieles unklar, sollen U-Space-Lufträume zukünftig in Deutschland ausgewiesen werden. Dennoch konnten die Teilnehmer:innen viel lernen über das U-Space-Ökosystem, die Ausweisung von U-Space-Lufträumen und die diversen politischen und rechtlichen Problemstellungen, die der U-Space mit sich bringt. Wir alle haben nun erste Ideen, wie die Ausweisung von U-Space-Lufträumen laufen könnte und was wichtig sein wird. Gewonnen wurden Erkenntnisse, auf die die weitere gemeinsame wissenschaftliche und politische Arbeit aufbauen kann.

Klarer geworden ist mit den Vorträgen des ersten Teils „Das U-Space-Ökosystem und Art. 18 lit. f) der U-Space-VO“, wo die Entwicklung der Regulierung der unbemannten Luftfahrt und insbesondere des U-Spaces derzeit steht. Die Teilnehmer:innen erfuhren, dass bereits einige Jahre Arbeit hinter den europäischen und deutschen Regeln zur sicheren und effizienten Koordination des unbemannten Luftverkehrs liegen und das U-Space-Ökosystem mit der VO (EU) 2021/664 (U-Space-VO) nur den letzten Zwischenstand dieser Entwicklungen bedeutet. Wer bisher wenig über den rechtlichen Rahmen wusste, konnte einen ersten Überblick über das U-Space-Ökosystem und die gegenwärtig maßgeblichen Regelungen für die unbemannte Luftfahrt gewinnen. Drohnen-Expert:innen freuten sich unter anderem über den Aufruf der EU-Kommission (Nicolas Eertmans) zur Mitwirkung an der Drone Strategy 2.0, ambitionierte Ziele der Bundesregierung (Dr. Jan Dirks, BMVI) und erste Einblicke der EASA (Ken Engelstad) in die Applicable Means of Compliance und das Guidance Material zu Art. 18 lit. f) der U-Space-VO. Zentrale Botschaft hier: Der von Art. 18 lit. f) der U-Space-VO geforderte Koordinierungsmechanismus bedeute mit seiner Verbindung von europäischer und kommunaler Ebene einen ganz neuen Ansatz. Bewältigen will die EASA diesen mit einem neuen, dreischrittigen Prozess (plan, execute, review). Und für alle Zuhörer:innen erkenntnisreich gewesen sein dürften nicht zuletzt die Neuigkeiten des BMVI (Rahel Jünemann) zur Umsetzung einer „Digitalen Plattform Unbemannte Luftfahrt“ und des europäischen Drohnenrechts insgesamt in Deutschland. Spannend waren der Blick auf jüngste Arbeiten des Luftfahrt-Bundesamtes zu deutschen geografischen UAS-Gebieten und die ersten Überlegungen des BMVI zur formellen Umsetzung der U-Space-VO.

Die Vorträge des zweiten Teils „Die Ausweisung von U-Space-Lufträumen – Gestaltungsaufgabe und Politikum“ sorgten für mehr Klarheit bei den Interessen und Dimensionen, die bei der Ausweisung von U-Space-Lufträumen betroffen und daher zu berücksichtigen sind. Zunächst wurde in einer Einführung (Dr. Judith Reuter, BWI) deutlich, dass sich die Ausweisung in einem Spannungsfeld von Sicherheit, Wirtschaft, Stadt/Gesellschaft und hoheitlichen Aufgaben sowie zahlreichen Stakeholdern bewegt. Instrument zur Bewältigung sei der Koordinierungsmechanismus nach Art. 18 lit. f) der U-Space-VO. Zum Thema Sicherheit (Flemming Kilian, HSU) konnten die Teilnehmer:innen sodann lernen, dass U-Space-Lufträume Sicherheitsrisiko oder Sicherheitsgewinn sein können. Es komme auf die konkrete Ausgestaltung an. Die U-Space-VO lassen den Mitgliedstaaten hierbei mit dem Airspace Risk Assessment seines Art. 3 Abs. 1 und den Ausweisungskriterien des Anhangs I der U-Space-VO große Ausgestaltungsspielräume. Von der Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation (Franziska Biermann) zu erfahren war dann Spannendes über die (Wunsch-)Rolle von Städten bei der Ausweisung. Im Fokus von Hamburg etwa stehen gegenwärtig Fragen der Akzeptanzgewinnung, der Innovations- und Mobilitätsförderung sowie die Suche nach sinnvollen urbanen Drohnen-Anwendungen. Dass Drohnen-Anwendungen große kommerzielle Chancen und Potenziale mit sich bringen und diese erst dann realisiert werden, wenn das Fliegen außerhalb der Sichtweite möglich ist, erfuhren die Teilnehmer:innen schließlich im Vortrag des DLR (Prof. Dr. Volker Gollnick und Majed Swaid). Wie groß die wirtschaftlichen Chancen und Potenziale sind, konnte anhand instruktiver Analysen mehrerer Use-Cases (Inspektion und Logistik) nachvollzogen werden.

Klarer geworden ist mit den Vorträgen des dritten Teils „Die Ausweisung von U-Space-Lufträumen – Verfahrensfragen der Beteiligung von Behörden und Institutionen“, dass bekannte luftrechtliche Verfahren für die Ausweisung von U-Space-Lufträumen unzureichend sind. Bereits mit der Einleitung des Teils (Prof. Dr. Margarete Schuler-Harms, HSU) wurde bewusst, dass dies ein Problem ist: Die Ausgestaltung eines Verfahrens zur Ausweisung von U-Space-Lufträumen sei aus verwaltungsrechtswissenschaftlicher Perspektive eine Verwaltungsaufgabe, die den Mitgliedstaaten durch Art. 18 lit. f) U-Space-VO aufgegeben sei. Ein erste Zergliederung der Aufgaben und ein Überblick zu möglichen Verfahrens-Vorbildern ließ die Teilnehmer:innen zunächst auf eine einfache Lösung hoffen. Mit dem zweiten verwaltungsrechtswissenschaftlichen Vortrag (Malte Krumm, Universität Potsdam) wurde aber schnell klar, dass die Vorbilder nicht mehr als Vorbilder sind. Verfassungsrechtlich geboten sei nämlich eine Beteiligung von Kommunen – eine zentrale Erkenntnis dieses zweiten Vortrags –, welche aber durch bekannte (luftrechtliche) Verfahren nicht hinreichend sicherzustellen sei. Krumm schlug daher als neues Instrument eine U-Space-Kommission oder einen U-Space-Beirat vor. Mit einem konkreten Vorschlag endet auch der dritte rechtswissenschaftliche Vortrag (Dr. Franziska Heß, Baumann RAe). Nachdem auch Heß die fehlende Vergleichbarkeit bekannter Kategorien konstatiert und die zentralen Fragen der U-Space-Ausweisung umrissen hatte (Zuständigkeiten, Rechtsnatur, Umweltauswirkungen und Beteiligungsmöglichkeiten), sprach sie sich für eine möglichst frühzeitige Einbeziehung der Kommunen, der lokalen Bevölkerung und der Nutzer:innengruppen und eine große Transparenz des Ausweisungsverfahrens aus.

Abgerundet wurden die drei Teile schließlich mit der interdisziplinären Podiumsdiskussion zur Frage welchen Mechanismus es zur Koordinierung der Beteiligung von Behörden und anderen Stellen bei der Ausweisung von U-Space-Lufträumen braucht. Die Teilnehmer:innen lernten einiges über den Stand der Akzeptanzforschung im Bereich der unbemannten Luftfahrt. Wichtig sei für die Bürger:innen, so Svante Kähler (HSU), vor allem wo geflogen wird und wer fliegt. Dieser Einschätzung konnte sich Alexandra Weißbach (HCU) mit ersten Erkenntnissen anschließen, die sie im Hamburger Projekt Medifly gewinnen konnte. Der Forschungsstand sei auch die Grundlage für eine im Projekt Medifly aktuell unternommene Bürger:innen-Befragung. Das BMVI (Dr. Jan Dirks) zeigte sich wiederum vor allem von der Idee lokaler U-Space-Beiräte angetan. Ziel eines Ausweisungsverfahrens müsse eine möglichst enge Zusammenarbeit zwischen den Kommunen, Stakeholdern, den zuständigen Bundesbehörden und Betroffenen sein. Hier stimmten auch die Verwaltungswissenschaftler:innen auf dem Podium (Dr. Franziska Heß und Malte Krumm) zu. Aufhorchen ließen ihre Überlegungen zu Initiativrechten von Kommunen und an U-Space interessierten Luftraumnutzer:innen. Ein Initiativrecht könne für die nötige Einbeziehung lokaler Interessen- und Aufgabenträger und zugleich für eine schnellere Ausweisung erster U-Space-Lufträume sorgen. Einig waren sich schließlich alle in der abschließend von der Moderatorin (Dr. Dana-Sophie Valentiner, HSU) gestellten Frage nach den Bedingungen für ein Gelingen der Ausweisung: Zentral sei ein möglichst frühzeitiges Mitnehmen aller Akteure in einem kommunikativen und transparenten Verfahren.

Für unserer Forschungsprojekt UDVeo (und weitere Forschungsprojekte) haben wir in den 1 ½ Tagen zahlreiche Erkenntnisse gewonnen. Das Motto „information is the key“ gilt nicht nur in U-Space-Lufträumen, sondern auch bei der Ausweisung von U-Space-Lufträumen. Interessen, Bedürfnisse und Personen können erst dann in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden, wenn sie den Entscheidungsträgern bekannt sind. Dafür braucht es die richtige Verfahrensgestaltung. Noch haben wir es mit einem völlig neuen Verfahren zu tun. Durch den Austausch mit und unter diversen Stakeholdern hat der 1. UDVeo-Workshop den ersten und einen gewichtigen Beitrag zum Diskurs über die richtige Verfahrensgestaltung und das Verständnis von U-Spaces geliefert.

Zum Programm: hier

Für Rückfragen gerne zur Verfügung stehen: Flemming Kilian und Karlotta Victor (workshop@udveo.eu)