Anforderungen an UAS in der spezifischen Kategorie

Anforderungen an UAS in der spezifischen Kategorie

18.06.2021 – Marius Schröder (Third Element Aviation GmbH)

Die Anforderungen der „Special Condition Light UAS“ der EASA und ihre Bedeutung für den Betrieb in U-Space-Lufträumen im Kontext des Forschungsprojekts UDVeo

Mit der Special Condition Light UAS hat die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (European Union Aviation Safety Agency, kurz EASA) einen ersten rechtlichen Rahmen für Anforderungen an unbemannte Flugsystem (UAS) geschaffen, der sich explizit an mittlere Risikokategorien im Bereich der Speziellen Kategorie richtet. Dieser Bereich deckt vor allem Anwendungen mit erhöhtem Risiko ab, die mit kleinen UAS (bis 3 Meter Spannweite bzw. größtem Durchmesser, bis 25 kg maximalem Abfluggewicht) unternommen werden. Als Beispiel lässt sich ein hochgradig automatisierter Streckenflug im urbanen Raum nennen.

Die „Special Condition Light UAS“ definiert den Anwendungsbereich dabei auf UAS, die

  1. nicht für den Transport von Menschen bestimmt sind,
  2. mit Eingriffsmöglichkeiten durch einen Piloten betrieben werden,
  3. eine maximale Startmasse (Maximum Take-Off Mass, kurz MTOM) bis 600 kg haben und
  4. in der Speziellen Kategorie in den Mittleren Risikoklassen (SAIL III und IV) betrieben werden.

Insofern bestehen hier auch für den Betrieb im U-Space typische Anwendungsbereiche im Fokus

Für diesen Anwendungsbereich werden Airworthiness-Anforderungen in unterschiedlichen Themenbereichen definiert, die innerhalb des Dokuments in Unterkapiteln (Subparts) definiert sind. Im Folgenden werden diese Subparts kurz vorgestellt und ausgewählte, für den Betrieb im U-Space -Luftraum wesentliche Anforderungen besonders betrachtet.

Für Hersteller und Betreiber soll die Special Condition den Einsatz von UAS vereinfachen. So können Hersteller eine Konformität mit den Anforderungen deklarieren und Betreiber so den Risikobewertungsbereich ihrer Risikoanalyse bezogen auf das Flugsystem einfacher gestalten. Die EASA verweist überdies darauf, dass die Special Condition mittelfristig in eine Certification Specification gewandelt werden soll, sodass Zertifizierer UAS gemäß den Anforderungen prüfen und zertifizieren können.

Es ist zu beachten, dass das Dokument generelle Anforderungen beinhaltet, die typischerweise im Rahmen der europäischen Normungs- und Standardisierungsaktivitäten konkretisiert, also mit entsprechenden messbaren Parametern, Prüf- und Messverfahren ausgestaltet werden.

Subpart B – Flight

Der Subpart B – Flight definiert generelle Anforderungen an den Flugbetrieb im genannten Anwendungsbereich. Wesentlich ist dabei, dass für den Betrieb Flugbetriebsbereiche, sog. Flight Envelopes, definiert werden müssen. Diese sollen für den normalen (erwarteten), operationalen (Toleranzbereich) und Limit-Bereich (technische Grenzen) definiert werden. Hierbei sind auch Umwelteinflüsse (vor allem Wind und Wetter) zu beachten. Aus technischer Sicht ist eine entsprechende angemessene Leistungsfähigkeit des UAS zu berücksichtigen.

Überdies stellt der Subpart B klar, dass die Steuer- und Manöverierbarkeit ohne besondere pilotische Fähigkeiten gewährleistet sein muss.

Subpart C – Structure

Der Subpart C – Structure beschreibt allgemeine Anforderungen and die strukturelle Integrität des UAS. Neben allgemeinen Anforderungen, wie einer ausreichenden Dimensionierung und einem akzeptablem Maß an Verformungen, stellt Subpart C auch heraus, dass diese Anforderungen bereits in Design und Konstruktion, dem Prinzip Safety by Design folgend, berücksichtigt werden müssen.

Subpart D – Design and Construction

Der Subpart D – Design and Construction definiert weitere konkrete Anforderungen an das Fluggerät, welche bereits durch Design und Konstruktion adressiert werden müssen. Hierzu zählen beispielsweise die ausreichende Befestigung von Anbauteilen wie Landegestell oder Payload, der Schutz vor Feuer (explizit zum Schutz von Menschen am Boden) oder der Schutz vor Blitzschlag, wenn dieser durch die Betriebsbedingungen (Operating Conditions) nicht bereits ausgeschlossen ist.

Die operationellen Limits aus den unter Subpart B beschriebenen Envelopes, also die angestrebten technischen Einsatz- und Grenzbereiche müssen auch hier, wie in Subpart C, bereits im Design-Prozess definiert und das Design danach ausgerichtet werden.

Subpart E – Lift/Thrust/Power Systems

Der Subpart E – Lift/Thrust/Power Systems beschäftigt sich mit allen Antriebs- und Auftriebssystemen des Fluggeräts und den Anforderungen an ihre Dimensionierung und Auslegung. Das Fluggerät muss für alle vorgesehenen Betriebszustände und Limits (vgl. Subpart B, Flight Envelopes) ausreichend mit Antriebs- und Auftriebssystemen ausgestattet sein. Überdies werden auch Anforderungen an die sichere Befestigung und Installation, sowie an die Energieversorgung formuliert.

Besondere Relevanz für den BVLOS-Betrieb in U-Space-Lufträumen hat dabei die Anforderung, dass Bediener am Boden, also der Fernpilot und ggf. weiteres Personal,  hier Remote Crew genannt, über Fehler in der Energieversorgung und die verbleibende Energie informiert ist.

Subpart F – Systems and Equipment

Der Subpart F – Systems and Equipment adressiert Anforderungen aus einer systemischen Sicht. So müssen die Anforderungen der Airworthiness sowohl für das Gesamtsystem, als auch für alle betriebskritischen Einzelkomponenten betrachtet werden. Dies beinhaltet ausreichende Dimensionierungen, auch für den Einsatz in den Limit Flight Envelopes, sowie bei SAIL IV (der höheren der beiden Risikogruppen, vgl. Einleitung) die Sicherstellung eines Alarms für die Remote Crew bei Fehlern in kritischen Systemen.

Wahrscheinliche („probable“) Fehler dürfen nicht zu einem Betrieb außerhalb des Operationsgebiets führen. Fehler dieser Art sind etwa technische Ausfälle einzelner Komponenten oder Softwarefehler, die das unkontrollierte Verlassen des Flugbereichs (sog. „Fly-Away“) oder ein unkontrollierter Absturz zur Folge haben. Das Fluggerät muss selbstständig in der Lage sein, den Flugbereich und den Flight Envelope einzuhalten.

Sofern das Bodenrisiko außerhalb des Operationsbereichs höher ist, als im Operationsbereich- was typisch für urbane U-Space-Anwendungen ist – darf es im System keinen betriebskritischen Single Point of Failure geben. Auch müssen Hard- und Software nach nicht näher definierten akzeptierten Standards entwickelt sein. Hieraus ergibt sich insofern auch eine konkrete Anforderung an UAS im U-Space.

Für die Signalbeleuchtung sind Anforderungen definiert, die sich an den Vorgaben der bemannten Luftfahrt orientieren. Die Anforderungen der offenen Kategorie und die Anforderungen der Special Condition werden aktuell noch harmonisiert.

Subpart G – Remote Crew Interface

Im Subpart G – Remote Crew Interface sind Anforderungen an die Bedieneinheit („Command Unit“) für den Bediener am Boden definiert. Im gesamten Dokument ist dabei nicht vom Fernpilot („Remote Pilot“) die Rede, sondern von der Fern-Crew („Remote Crew“). Dies impliziert, dass in den zugrundeliegenden Szenarien davon ausgegangen wird, dass ggf. auch mehrere Personen die Aufgaben der Steuerung und Überwachung („Command & Control“) übernehmen. Für den Betrieb muss in diesem Zusammenhang eine Mindest-Crew, im Sinne einer Mindest-Personenzahl, definiert sein („Minimum Crew“).

Grundsätzlich wird, wie in allen aktuellen Regularien, das Flugsystem (UAS) so betrachtet, dass die Bodenstation („Command unit“) fester Bestandteil des Systems ist. Über die Command Unit muss der Remote Crew jede notwendige Information zum Betrieb zugänglich sein und fortlaufend übertragen werden. Sicherheitsrelevante Informationen und Sicherheitsequipment müssen dabei leicht zugänglich und eindeutig markiert sein.

Subpart H – C2-Link

Im Subpart H – C2-Link sind Anforderungen an die Steuerungs- und Überwachungsverbindung (Command and Control, kurz C2) dargestellt. Die Bedeutung, im Sinne der UAS-Definition als Gesamtsystem aus Fluggerät und notwendigen Bodenequipment, wird hier noch einmal explizit herausgestellt.

Technisch muss die Verbindung ausreichend dimensioniert sein. Die Leistung und Qualität der Verbindung muss, sofern sie für den Betrieb kritisch ist, am Boden überprüft werden können. Neben dieser Safety-Anforderung werden auch Security-Anforderungen formuliert. So muss der Link so beschaffen sein, dass das Fluggerät jederzeit die Echtheit des Signals überprüfen kann.

Zusammenfassung

Die Special Condition ist eine erste konkrete Darstellung der Anforderungen an unbemannte Flugsysteme, die in der speziellen Kategorie in mittleren Risikoklassen betrieben werden. Dies ist für Hersteller und Betreiber eine erste Hilfe und Orientierung für Designanforderungen und damit eine wichtige Hilfestellung.

Typisch für die Regulierung werden hier zunächst die unterschiedlichen Bereiche der Anforderungen definiert und mit qualitativen Anforderungen befüllt. Hieraus müssen im Weiteren quantitative Anforderungen sowie Test- und Prüfnormen abgeleitet werden.

Zukünftig soll eine vom Hersteller deklarierte Erfüllung der Special Condition eine Risikobewertung, die im Rahmen eines Einsatzes in der speziellen Kategorie angefertigt werden muss, erleichtern.

Quellen und Referenzen:

EASA: Special Condition for Light Unmanned Systems

EASA: Guidelines for design verification of drones operated in the specific category

EASA: Easy Access Rules for Unmanned Aircraft Systems